
Selbst wenn eine Familie in der Lage ist, den Schulbesuch der Kinder zu finanzieren, ist es für sie oft aussichtslos, die anfallenden Kosten für ein Studium aufzubringen.
In Nicaragua gibt es keine Berufsschulen, das heißt, dass die Universitäten die einzigen Ausbildungsstätten sind. Auch praktische Berufe wie Krankenschwester oder Automechaniker werden hier gelehrt. Obwohl die staatlichen Universitäten versuchen, die Kosten niedrig zu halten, ist es für eine ländliche Durchschnittsfamilie unmöglich das nötige Geld aufzubringen. Für die Familien der Insel Ometepe kommen außerdem sowohl die Anfahrts- als auch die Unterkunftskosten in der Universitätsstadt hinzu.
Unabhängig davon, ob die Bewerber für ein Stipendium ausgewählt werden oder nicht, klärt unsere Kontaktperson für das „Stipendienprojekt“ Eveling Novoa Medina die angehenden Studierenden über die Bedingungen der Universitäten und das Leben in den Städten Rivas und Managua auf. Sie erzählt von Erfahrungen der Einsamkeit mancher Bewerber in der Großstadt und den Konsequenzen einer Schwangerschaft während des Studiums. So werden die SchülerInnen emotional auf ihre Studienerfahrungen vorbereitet. Alle Bewerber stammen aus dem ländlichen Gebiet der Insel Ometepe und haben überdurchschnittliche Noten. Fast alle sind Kinder von Landwirten.
Wie hier im Hause der Schülerinnen Jenny und Rosa finden die ersten Gespräche für die Auswahl der Stipendiaten und Stipendiatinnen unseres Projekts „Stipendien für Nicaragua“ auf der Insel Ometepe statt.
Eveling Novoa Medina aus Managua und Johana Zambrana Coca von der Insel Ometepe fragen die Bewerber nach ihren Zukunftsplänen und ihre Eltern nach den sozioökonomischen Bedingungen im Haushalt (wie viele Kinder, wie viel Einkommen, welche Art von Arbeit, etc.).
Viele der KandidatInnen sind Kinder alleinerziehender Mütter, welche wie Rosa (rechts) in ihrer Bewerbung schrieb: „den Platz von Vater und Mutter einnehmen“. Das bedeutet Kindererziehung, Haushalt, Arbeit auf dem Feld und Tausch der Ernte gegen Salz, Öl, Zucker und Kleidung. Oft leben sie in kleinen Dörfern am Fuße des Vulkans und haben zwei Stunden Fußweg zur weiterführenden Schule. „Ein großes Opfer über die vielen Jahre“, sagt Rosa im Gespräch und möchte deshalb weiterlernen – an der staatlichen Uni in der Hauptstadt Managua (UNAN).